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Wie Mitgefühl in Schubladen-Statistiken finden? Frauen zuhören!

Aktualisiert: 7. Okt. 2019

Es braucht Erfahrungen jenseits Statistik, was Ja zum Kind erschwert. Sonst stehen nur vage Kategorien statt echter Hindernisse am Pranger.



Vergessen in welcher Schublade das Mitgefühl gelandet ist? Hör Frauen zu!


Grüß Gott zusammen!


Hier geht es um die Frage, wie man Vorstellungen entwickeln kann, was hinter statistischen Kategorien steckt. Denn jede Statistik ist letztlich Einordnen von unterschiedlichen Fällen in Schubladen. Hat man aber keine Vorstellung, was alles in welche Schubladen eingeordnet sein könnte, missversteht man die Statistiken. Gleichzeitig sind Statistiken unpersönlich und man(n) kann nur schwer ein Gefühl und insbesondere Mitgefühl für die realen Fälle dahinter entwickeln.


1. Sprachungenauigkeiten von statistischen Kategorien


Natürlich sind Umfragen und Studien ein wichtiger Anknüpfungspunkt, um zu erfassen, was Schwangeren alles das Ja zum Kind erschweren kann. Aber wie bereits an anderer Stelle festgestellt: Die Zahl der Studien ist überschaubar und gibt nur ungefähre Vorstellungen davon, was die Hindernisse sind.


Z. B. wurden in dieser Studie Frauen gefragt (Seite 112), ob sie “auf sein Drängen” abtreiben und etwa 20 % bejahten das. Das bedeutet was?


“Schatz, ein Kind wäre zwar schön, aber finanziell und emotional würden wir es nicht packen. Ich weiß, dass das kein schöner Gedanke ist.”


Dies stellt einen impliziten Wunsch nach Abtreibung dar und damit auch eine Art Drängen. In einem solchen Fall wäre vielleicht “auf sein Drängen” angekreuzt, je nachdem wie die Frau “Drängen” versteht.


“Du scheiß Schlampe kannst jetzt entweder einen Termin für eine Abtreibung ausmachen oder ich hol mir das Küchenmesser und mach es selber.”


Das stellt ebenfalls ein Drängen nach Abtreibung dar (und ist zusätzlich strafbare Nötigung; aber Nötigung bedeutet ja gerade, dass der Nötiger das Opfer bedrängt, irgendwas zu tun/zu unterlassen). Folglich könnte vollkommen zutreffend in einem solchen Fall die Frau ebenfalls “auf sein Drängen” angeben.


Beide würden in der Statistik möglicherweise als quasi ähnliche Konstellation gezählt, also in dieselbe Schublade gesteckt, obwohl sowohl das angemessene Ausmaß des Anprangerns als auch denkbare Gegenmaßnahmen anders sind.


Bei Nummer 1 kann nicht viel mehr gesagt werden, als dass er vielleicht auch versuchen sollte, das Positive zu sehen; was aber eine etwas leere Kritik sein kann, wenn die Situation wirklich nicht positiv ist. Helfen würde vielleicht, den beiden einen positiveren Blick auf das Leben mit Kind zu eröffnen und ggf. bei der finanziellen Situation zu helfen. Bei Nummer 1 ist Anprangern seines Verhaltens nur begrenzt sinnvoll.


Bei Nummer 2 hilft die Polizei und vielleicht - solange die nicht da ist - sich das Küchenmesser zuerst schnappen und/oder auch schreiend fliehen. Als angemessenes “Anprangern” schlägt der Staat vor: “In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.” Bei Nummer 2 ist Anprangern seines Verhaltens nicht nur angemessen, sondern Pflicht und der Staat macht einen brauchbaren Vorschlag fürs Anprangern, nämlich Strafverfahren gefolgt ggf. Haftstrafe.



SCHLUSSFOLGERUNG:


Wenn in einer Statistik soundso viele Frauen angeben, dass Umstand X bei Ihnen zutrifft, sind oft ergänzende Informationen sinnvoll, wenn X sehr verschiedenes bedeuten kann.




2. Verständnis und Genauigkeit verbessern durch Frauen zuhören


Wie kann man in Erfahrung bringen, ob die statistisch gezählten “auf sein Drängen“-Fälle nun eher Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechen bzw. wie viele eher Nummer 1 und wie viele eher Nummer 2 entsprechen?


Ganz ehrlich: Sicher herausfinden könnte man das nur, wenn man nochmal vergleichbare Untersuchungen macht mit vielleicht ein paar Zusatzfragen, aus denen sich dann die Tendenz Richtung Nr. 1 oder Nr. 2 ablesen lässt.


Das gibt es meines Wissens zurzeit nicht.


Deshalb ist eine statisch zwar wenig aussagekräftige Alternative zu nutzen, die aber aufzeigt, wie solche und andere statistisch gezählten Konstellationen aussehen können:


Man und insbesondere Mann hört Frauen zu, wie die Ereignisse rund um einen Schwangerschaftsabbruch waren. Wenn das mit dem Küchenmesser oft vorkommt, wird das auch in solchen Einzelschicksalen auftauchen; wenn es eher selten ist, dann so gut wie gar nicht.


Ich weiß, bei “Frauen zuhören” denkt mancher an Feminismus ("#IchbinFeminist holt sie vor den Vorhang: Männer, die Frauen zuhören."), manche haben aufgrund vermeintlicher/tatsächlicher Übertreibungen wenig Begeisterung für Feminismus und bei Feminismus und Schutz ungeborener kann es Reibung geben.


Aber will man wissen, was Frauen das “Ja zum Kind” erschwert, also was für den inneren Entscheidungsprozess von Frauen Faktoren sind, die ein Ja erschweren, ist Frauen fragen/zuhören die beste und vielleicht einzige Methode. Die angesprochene Studie ist auch nichts anderes als Frauen zuhören, nur wird mehr Frauen zugehört, aber das Zuhören ist etwas vereinfacht durch Nachzählen wie oft Frauen was angekreuzt haben. Es gibt also keine Alternative zum Zuhören.


Und abgesehen davon: nicht alle feministischen Ideen müssen schlecht sein (ich persönlich denke sogar, dass viele gar nicht schlecht sind). Also nicht von Labeln abschrecken lassen.


SCHLUSSFOLGERUNG:


Man(n) hat Frau zuzuhören, wenn sie über ihre Gefühle und Probleme rund um eine Abtreibung berichtet, um ein Ja zum Kind erschwerende Hindernisse zu verstehen, gerade wenn statistische Ergebnisse eingeschätzt werden müssen.




3. Fallstricke und Nutzen von Einzelfallbetrachtungen


Und woher bekommt man solche Einzelgeschichten/-schicksale? Wo kann man(n) zuhören?


Eine denkbare Methode wäre natürlich, sich vor Abtreibungskliniken zu stellen und die reingehenden Frauen zu fragen. Ist aber weniger gut, denn die Frauen könnten sich belästigt fühlen (und würden einem dann gar nichts sagen), man tritt eventuell ein paar Lebensschützern im Gedränge auf die Füße und selbstverständlich würde der Klinikbetreiber bei seinem Anwalt anrufen und fragen, ob man denn wirklich nichts machen könne, denn es seien ja jetzt noch mehr Irre vor seiner Einrichtung.


Man könnte sich natürlich auch vor die Beratungsstellen hinstellen, zu denen Frauen für Beratungsscheine hinmüssen. Das Ergebnis wäre aber ziemlich ähnlich.


Man könnte die Beratungsstellen fragen. Das ist durchaus eine Option. Nur sind die dort eventuell zu beschäftigt und fragt man falsch, kommt man in die Kategorie “Irrer”.


Neben in Studien zu schauen und hier und da mal bei Beratungsstellen vorsichtig zu fragen, verfolge ich deshalb auch den Ansatz das anzuschauen, was - meistens anonym - von Frauen ins Netz gestellt wird.


Da gibt es reichlich. Diese Posts/Kommentare schaue ich mir durch, um die zu analysieren, bei denen eine Mitschuld Dritter erkennbar ist.


Ein Beispiel ist bereits dieser Beitrag, bei dem ich eben ein anonym publiziertes Einzelschicksal betrachte. Dieses vermittelt eine Vorstellung davon, wie sich konkret die Furcht vorm Alleinerziehend sein (welche relevant ist, siehe Seite 26, Tätigkeitsbericht 2018, Donum Vitae Freising) ergeben kann, wobei es in dem Fall eher Gewissheit gewesen sein dürfte.


Das ist selbstverständlich keine statistisch saubere Auswahl.


Aber es hilft dennoch zu erkennen, wie solche Hindernisse aussehen können. Dann sind die wenigen Statistiken besser zu verstehen und präzisere Nachfragen bei Beratungsstellen möglich.


Was damit gemeint ist, ist bereits in diesem Beitrag angedeutet. Dort wird eine Beratungsstellenleiterin zitiert, dass in nur 15 % der Fälle der Erzeuger beim Beratungsgespräch dabei ist und zwar “leider”.


Mir ist durch früheres Lesen von Einzelschicksalen bereits bekannt, dass es sowohl Fälle gibt, bei denen es dem Mann im Wortsinn zu mühsam war, für das Beratungsgespräch seinen Hintern vom Sofa hochzukriegen. Aber auch Fälle, bei denen die Frau ihn schlicht nicht dabei haben wollte, z. B. weil sie ihn inzwischen hasst.


Die “15 %” sagen nicht, was von beiden wie häufig ist, womit unbekannt ist, wie sehr und bezüglich was genau Männer nun Anprangern für das Fernbleiben von Beratungsgesprächen verdienen. Aber durch das Bewusstsein über diese beiden und weitere Möglichkeiten sind sinnvolle Nachfragen bei der Beratungsstelle möglich.


Eine Grundregel, die ich anwende, bei der Analyse solcher Einzelschicksale:


Wenn in einem anonymen Post/Beitrag/Tweet/was auch immer impliziert wird, dass es sich um eine Frau handelt, die über ihren Entscheidungsprozess für oder gegen Abtreibung berichtet, dann gehe ich immer zuerst davon aus, dass es sich um eine tatsächliche reale Frau handelt, die reale Erlebnisse so schildert, wie sie sie wahrgenommen hat.


Denn bei 100000 Abtreibungen jährlich kann es auch gerade Konstellationen geben, die einem nie in den Sinn kämen. Man denkt dann an Lüge, nur weil die Schilderung jenseits der eigenen Vorstellungen ist. Womit man ganz schnell wieder beim Anprangern der Frau landen kann, obwohl diese einfach nur die zu unwahrscheinlich erscheinende Wahrheit sagt.


Also ist der Frau grundsätzlich fürs Erste zu glauben (auch wenn ich damit Riskiere ein paar Fakegeschichten von "Spaßvögeln" zum Opfer zu fallen).



ZUSAMMENFASSUNG:


Fürs “Zuhören” sind anonyme Erfahrungsberichte hilfreich und leicht verfügbar. Die Eindrücke aus solchen Einzelschicksalen helfen beim Einordnen, Verstehen und Überprüfen von Statistiken. Wenn eine Frau sagt, so und so waren die Umstände der Abtreibung, dann wird hier davon ausgegangen, dass das genau so von ihr erlebt/wahrgenommen wurde.


Im Übrigen gehören zum Kinder machen ZWEI, also sind auch beide für die Kinder verantwortlich.


#Abtreibungspranger #Grundsätzliches #Statistik #Einzelschicksal #Abtreibung #Schwangerschaftsabbruch #Lebensrecht #Gleichberechtigung


Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/karten-katalog-schubladen-holz-194280/


Links:

http://www.abtreibung.at/wp-content/uploads/2009/04/Schwangerschaftskonflikt.2001.pdf


https://wienerin.at/liebe-manner-so-konnt-auch-ihr-feministen-sein


https://www.emma.de/thema/abtreibung



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